Kommunikation – ist eine Besprechungsmatrix die Lösung?

Kommunikation – ist eine Besprechungsmatrix die Lösung?

Eine gute und zielführende Kommunikation ist die Herausforderung für Organisationen schlechthin. Und Kommunikationsprozesse sind mega komplex, hochdynamisch und alles andere als eindeutig. Ich glaube uns allen mangelt es nicht an Beispielen, die diese Aussage bestätigen. Nun fordert die ISO 9001, und unzählige davon abgeleitete QM-Systeme sind dem gefolgt, dass eine Organisation regelt, worüber wer mit wem, wie und wann kommuniziert. Das war’s. Ohne Zweifel ist es sinnvoll darüber nachzudenken, wenn dann aber alles Engagement auf die Erstellung einer zum Teil ellenlangen kaum aktuell zu haltenden Exel-Tabelle hinausläuft, in der jedes noch so kleine Gesprächsformat erfasst und festgezurrt wird, dann fängt es schon an komisch zu werden. Wird die Kommunikation wirklich dadurch besser, dass Sie in einem standardisierten Format abrufbar und dokumentiert ist? Brauchen wir immer noch Auditoren, die im Audit nach Fehlern in diesen Aufstellungen suchen und meistens auch finden? Ich kenne kaum eine Organisation, die mit dieser Liste wirklich arbeitet, außer dass es QM-Verantwortliche gibt, die redlich um Aktualität und Vollständigkeit bemüht sind. Wenn die überarbeitete Liste freigegeben worden ist, hat sich allerdings meist schon wieder etwas geändert. Die ISO fordert übrigens keine dokumentierte Information zu diesen Anforderungen. Aber wie so oft kann man mit einem solchen Papier so wunderschön nachweisen, dass man sich mit dem Thema auseinandergesetzt hat – viel Fleißarbeit aber nahezu null Effekt.
Dabei gibt das Thema Kommunikation so viel her bzw. kann durch die Verbesserung der Kommunikationskultur richtig etwas bewirkt werden. Das Themenfeld ist riesig, es gibt unzählige Fachbücher, gute Instrumente und Herangehensweisen, daher beschränke ich mich hier nur auf vier Stichwörter und Reflexionsfragen:
Sprache
Die Sprache, die wir wählen, generiert Bilder, sie formt unser Denken und führt zu einer spezifischen Wahrnehmung der Wirklichkeit. Menschen in Schubladen zu stecken und mit festen Zuschreibungen zu versehen, ist nicht nur unfair und falsch, sondern verhindert gegenseitigen Austausch und gemeinsames Lernen.

  •  Vermeiden wir in unseren Gesprächen abwertende Stereotype bzw. sind wir bereit diese immer wieder zu hinterfragen

Zuhören
Demotivation, Missverständnisse, Fehler, Unzufriedenheit, Abwertung, all das sind Folgen unbefriedigender Gesprächserlebnisse. Nicht selten sind Gesprächsteilnehmer lediglich mit der Übermittlung ihrer eigenen Thesen beschäftigt und bekommen überhaupt nicht mit, was beim Gegenüber passiert.

  • Nehmen wir uns die Zeit, uns gegenseitig offen, aufmerksam und empathisch zuzuhören?

Wichtigkeit
Unser Alltag ist gefüllt mit Aufgaben, die unter dem Vorwand der Dringlichkeit an uns zerren wie kleine Kinder. Wichtige Themen, wie z.B. die Reflexion der Kommunikationsqualität, fallen dann häufig unter den Tisch, zumal sie auch nicht immer leicht und schnell abzuarbeiten sind.

  • Kommt wirklich das zur Sprache, was für die Arbeit und den Einzelnen von essentieller Bedeutung ist?

Besprechungskultur
Gemäß einer ifo Befragung aus dem Jahr 2014 fühlen sich 88 Prozent der Befragten oft nutzlos während Besprechungen in ihrem Betrieb. Wir vergeuden unglaublich viel Zeit in methodisch schlecht vorbereiteten und abschweifenden Sitzungen, in denen aneinander vorbeiredend Einzelegos gepflegt werden.

  • Sind unsere Sitzungen anregend, beteiligungsorientiert, fokussiert und lernend?

Wenn Sie all die Fragen (z.B. auf einer Skala von 1-10) positiv beantworten können, beneide ich Sie 😊.
Wenn Sie bei einigen oder ggf. auch vielen Punkten Baustellen entdeckt haben, so gehören Sie mit Sicherheit zum Durchschnitt der meisten Organisationen. Gehen Sie den Problemen zusammen mit den Beteiligten nach. Nehmen Sie sich Zeit dafür, spüren Sie nach, hören Sie zu! Hier ist Ihre Energie wesentlich sinnvoller investiert als in eine statische Tabelle. Wenn Ihre Organisation, Ihr Team bereits eine reife Kommunikationskultur auszeichnet, Sie also viele der Fragen bejahen konnten, dann haben Führungskräfte und Leitungskräfte auch ein gutes Gespür dafür, welche Sitzungen erforderlich sind und wer daran zu beteiligen ist. Sie sind in der Lage diese Struktur situativ und bedarfsorientiert anzupassen, ohne einem sturen Plan zu folgen. Ich bin fest davon überzeugt, dass der Weg über eine Verbesserung der Kommunikationskultur zu einem Verzicht auf Besprechungsmatrizen führt und um ein vielfaches erfolgsversprechender ist, als zu hoffen, dass sich durch eine Matrix die Gesprächskultur verbessert.

2 Kommentare
  • Antje Krause
    Antworten

    Liebe Elisabeth, in unserer Mutter-Kind-Klinik brüten wir immer wieder über der Frage, wie wir die Komplexität der Informationen rund ums Kurgeschehen so reduzieren können, dass wir nicht in Dauerbesprechungen sitzen. Und jetzt steht mal wieder die Rezertifizierung an, so dass auch wir unsere Besprechnungsmatrix auf den aktuellen Stand bringen mussten. Dein Beitrag spricht uns aus der Seele! Und nun nehme ich deine Gedanken auf und werde die Dienstbesprechnung am Montag vom üblichen Schema abweichen lassen und sie mit deinen Fragen bereichern. Bin gespannt, was dabei rauskommt 🙂 Beste Grüße aus dem Harz, Antje

    19. Januar 2022 at 14:32

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