Potentialorientiertes Denken

Potentialorientiertes Denken

In den letzten Monaten und in der konkreten Vorbereitung des x-ten Zertifzierungs-Audits, der erneuten Auseinandersetzung mit der DIN EN ISO 9001:2015 ist mir klar geworden, was mich schon lange stört und in der aktuellen Version der ISO auch noch hervorgehoben wurde:

 

das Risikobasierte Denken

 

Würde es eine einzige innovative Unternehmung in diesem Land geben, die sich einer Zertifizierung unterziehen könnte, wenn das risikobasiertes Denken die Grundlage wäre? Könnten kreative Prozesse entstehen, geschweige denn Veränderungen, Entwicklung oder Potentialentfaltung, wenn das Risiko der hervorgehobene Blickwinkel ist?

 

Ich bin überzeugt, jeder hat schon die Erfahrung gemacht, mit einer tollen Idee gegen eine Wand von Bedenkenträgern zu laufen. Vielleicht…, weil er dieses Risiko im Vorfeld nicht abgewogen hat? Ich habe diese Erfahrung jedenfalls zu genüge.

 

Wie ich schon in dem Beitrag „Müssen wir jetzt alle agil werden?“ beschrieben habe, müssen wir ständig auf Veränderung und Unsicherheit reagieren. Wir leben in einem ständigen Veränderungsprozess und das braucht Freiräume für Kreativität, um Qualität gestalten zu können. Veränderungsprozesse sind leider oft bereits genug gekennzeichnet durch Abwarten, Angst, Blockaden und vielleicht Selbstgefälligkeit, weil die Veränderung für nicht notwendig erachtet wird.

 

Doch was jeder Veränderungsprozess benötigt, ist

 

MUT.

 

Veränderungen entstehen eben nicht aus Risikodenken, sondern aus Potentialorientiertem Denken. Wie oft werden Chancen und Potentiale nicht oder zu spät wahrgenommen, weil die ersten Reaktionen auf Veränderungen die Bedenken und Risiken sind, schon bevor überhaupt das Potential erkannt wird. Dieses führt nicht selten dazu, dass damit Chancen verstreichen und sich zum Nachteil entwickeln.

 

Qualität gestalten bedeutet doch, Potentiale erkennen und nutzen. Der Ansatz der Potentialorientierten Qualitätsentwicklung soll Mut machen, nicht die Fehler und Schwachstellen zu fokussieren, denn das führt schnell in eine defizitorientierte Betrachtungsweise und frustriert Mitarbeiter. Diese geben Ihr Bestes und dennoch wird ihnen gespiegelt, es war wieder nicht ausreichend.

 

Potentialorientierung bedeutet auch, die Beteiligten von innen heraus zu stärken: Wenn ich mir meine Erfolge und Potentiale bewusstmache, fühle ich mich stark und tatkräftig. Wenn ich meine Defizite fokussiere und den Blick auf Risiken richte, werde ich schnell unsicher, ängstlich und fehleranfällig. Wollen wir das?

 

Im Potentialorientierten Denken muss sich der Fokus, der Blickwinkel verändern, hin zur Kultur des Gelingens.

 

Mitarbeiter benötigen Wertschätzung und Vertrauen.

 

Man sollte doch meinen, dass es nichts Leichteres gibt, als Mitarbeitern eine positive Rückmeldung zu geben und das nicht nur im Rahmen eines strukturierten, vielleicht einmal jährlich, stattfindenden Mitarbeitergespräches. Wenn der Blickwinkel auf das Gelingen und die Erfolge gerichtet wird und eine Kultur des Vertrauens herrscht, werden Mitarbeiter kreative Ideen zur Gestaltung der Qualität finden. Sie entwickeln Kraft und Mut für Weiterentwicklung und spüren nicht zuletzt ihre Selbstwirksamkeit. Eine wesentliche Grundlage für glückliche Mitarbeiter und nachhaltig erfolgreiche Leistungserbringung.

 

Ich möchte an dieser Stelle Risiken natürlich nicht ausblenden. Meine Intention ist, dass diese den richtigen Platz finden und kreative Prozesse nicht schon im Keim ersticken.

 

In der Planung eines Veränderungsprozesses müssen Risiken betrachtet werden, aber erst wenn alle anderen „Fakten“ wie Potentiale, Ressourcen, Fähigkeiten, Kompetenzen, Beteiligungen, mögliche (externe) Unterstützung zusammengetragen sind, um anschließend die Risiken richtig einordnen zu können.

3 Kommentare
  • Birgitta Ossege
    Antworten

    Es stimmt, dass Veränderungen nicht aus Risikodenken, sondern aus Potentialorientiertem Denken entsteht.
    Aber ich gestehe, dass ich auch häufig zu den Bedenkenträgerinnen gehöre , aber nicht in dem Sinn, dass Ideen dadurch kaputt gemacht werden, sondern im Miteinander verschiedene Lösungsmöglichkeiten gemeinsam angedacht und durchdacht werden.
    Wichtig ist doch, dass der Fokus nicht darauf liegen bleibt, sich auf die Risiken zu konzentrieren, sondern sich auf die Suche zu begeben nach kreativen Lösung- und Entwicklungsmöglichkeiten.
    Ein gutes Zusammenspiel von Bedenkenträgern und kreativen Köpfen kann zu neuen Entwicklungen, zu Erfolg und Mitarbeiterzufriedenheit führen und manch Bedenkenträger kann dann mitgenommen werden auch mal mutig zu sein und Potential zu entwickeln.

    27. Mai 2019 at 10:08
  • Andrea Bastian
    Antworten

    Ihr sprecht mir aus dem Herzen! Ich kämpfe zwar nicht mit der DIN ISO 9001:2015 dafür mit der DSGVO
    Und da mussten wir auch grad eine tolle Idee begraben – das frustriert und führt zur Resignation. Was es gebraucht hätte?
    Mut und etwas Risikobereitschaft …

    24. Mai 2019 at 6:50
  • Melanie Hindermann
    Antworten

    Danke für das Zusammentragen dieser Gedanken. In Zeiten der Veränderung … den Blick auf das Gelingen zu richten, weg von pessimistischen Bedenken, was alles passieren könnte.

    23. Mai 2019 at 10:13

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