Kompetenz: Jeder gibt sein Bestes – immer

Kompetenz: Jeder gibt sein Bestes – immer

Impulse zur Auseinandersetzung mit den vier Flügelflächen des Schmetterlings (4)
Jeder gibt sein Bestes – immer. Ich finde diesen Satz klasse. Ich habe ihn schon vor vielen Jahren im Rahmen einer Ausbildung zum Facilitator (dabei geht es um die Erleichterung und Ermöglichung von Veränderungsprozessen) aufgeschnappt. Es ist aber auch ein Satz an dem ich lange rum gekaut habe und es manchmal immer noch tue. Was ich aber immer wieder merke, wenn ich mich auf diesen Satz einlasse, ist ein totaler Perspektivwechsel. Dies verdeutliche ich gerne mit meinen pubertierenden Kindern. Sie ahnen vermutlich, dass meine Wertmaßstäbe nicht immer deckungsgleich mit denen meiner Kinder sind. Und wir rutschen immer wieder in Diskussionen, in denen ich ihnen z.B. Faulheit unterstelle, während sie von mir behaupten, dass ich mal wieder gar nichts verstehe. Tue ich in dem Moment wahrscheinlich auch nicht. Der Satz „Jeder gibt sein Bestes – immer!“ holt mich wieder runter. Das, was meine Kids tun, oder gerade nicht tun, ist in meinem Sinne nicht das Beste. Der Satz fordert mich konsequent auf, mich auf ihre Perspektive einzulassen und die Dinge aus ihrer Sicht zu bewerten. Und irgendwann bin ich dann wieder die Mutter, die voller Stolz auf ihre Kinder blickt, die zwar eigensinnig aber doch auch sehr selbstbestimmt ihre Wege gehen. Nichts desto trotz müssen wir aber auch im Familienalltag Regeln aushandeln. Und eine nicht ausgeräumte Spülmaschine bleibt eine nicht ausgeräumte Spülmaschine, da hilft kein neuer Grundsatz. Aber konkretes Verhalten ist diskutier- und kritisierbar. Während die grundsätzliche Ebene der pauschal unterstellten Faulheit eine einseitige und unfaire Bewertung der Person enthält. Ich gebe mein Bestes – immer! Davon bin ich überzeugt und Sie sagen dies über sich selbst wahrscheinlich auch. Wenn das also jeder von sich sagt, dann müsste es doch auch grundsätzlich stimmen, oder? Der Satz fordert nicht nur auf zum Perspektivwechsel, er verlangt Interesse am Anderen und Verständnis für die Situation des Anderen. Dieser Satz schafft eine hervorragende Grundlage für Zusammenarbeit. In Gruppen oder Teams, in denen diese Überzeugung vorherrscht, ist Kollegialität in der Regel sehr hoch ausgeprägt. Solche Gruppen sind ausgesprochen leistungsfähig und unterstützen sich gegenseitig, ohne mangelndes Verantwortungsbewusstsein etc. einzuklagen. Wenn Mitarbeiter/Kollegen, diese Überzeugung wahrnehmen, spüren Sie Rückendeckung im Fall von Fehlern oder Irrtümern. Sie erfahren Vertrauen und schenken Vertrauen. Wenn man diesen Grundsatz tief verinnerlicht hat, braucht man weder sich selbst noch andere für irgendein Verhalten anzuklagen. Denn dieses Verhalten war in diesem Moment, im Rahmen der Möglichkeiten, das Beste, was ein Mensch geben konnte.
Und mal negativ gedacht: Was würde es heißen, wenn der Satz abgelehnt wird? Damit eröffnet sich sofort eine destruktive Spirale aus Misstrauen und Abwertung mit all den damit dann wieder verbundenen Folgen. Den Satz ablehnen bedeutet, sich auf ein negatives Menschenbild zu beziehen: Nicht jeder wolle sein Bestes geben. Manchen genüge eine freizeitorientierte Schonhaltung, die das Leben mit dem Wochenende zum Ziel hat. Das „Beste geben“ ist in diesem Sinne häufig mit totaler Anstrengung und manchmal auch Überforderung verbunden.
Das ist nicht mein Menschenbild und das ist auch nicht meine Erfahrung. Ich beziehe mich gerne auf das humanistische Menschenbild von Carl Rogers. Der Mensch ist demnach gut und konstruktiv und verfügt über positive Potentiale. Jeder Mensch hat die Fähigkeit, sich zu entwickeln. Wenn diese Fähigkeit nicht behindert wird, strebt der Mensch nach Autonomie und Selbstverwirklichung. Er möchte seine eigenen Entscheidungen treffen und nach seinen Vorstellungen leben und arbeiten.
Gemäß dem Management-Autor Reinhard K. Sprenger ist das Menschenbild keine Sache der Erfahrung, sondern eine Entscheidung die es täglich neu zu treffen gilt. D.h. die Menschen sind nicht so oder so. Die Menschen sind vor allem auch so, wie ich sie betrachte. Das kennen wir aus der Pädagogik schon lange: Ein ressourcenorientierter Blick auf ein Kind stärkt dieses, und lässt es im positiven Sinne wachsen. Warum also diese Grundnahmen der Pädagogik nicht auch im Qualitätsmanagement Bedeutung verleihen?
Jeder gibt sein Bestes – immer! Für mich ist es ein wichtiger Grundsatz geworden: Jeder gibt im Rahmen seiner Möglichkeiten immer sein Bestes. Manchmal kann es aber vielleicht auch darum gehen, mich selbst oder andere einzuladen, den Rahmen der Möglichkeiten zu erweitern. Einzuladen – mehr nicht. Ich kann weder mich selbst noch andere zu Veränderungen zwingen, ich kann nur einladen. Und die beste Einladung dafür sind konsequentes Vertrauen, erfahrbare Wertschätzung und echte Dialogbereitschaft.
Hiermit beende ich diese kleine Serie von 5 Blogbeiträgen zur Arbeit mit dem Impuls- und Workshop-Plakat zur Potentialorientierten Qualitätsentwicklung. Sie können dieses inklusive einer kurzen Anleitung unter „Downloads“ kostenfrei im A4 Format herunterladen oder für kleines Geld im Format A0 bei mir bestellen (Bestellzettel ebenfalls unter Downloads).
Ich freue mich über Kommentare zu meinen Gedanken und Anwendererfahrungen mit den Plakaten.

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