Was QM vom Buddhismus lernen kann …

Was QM vom Buddhismus lernen kann …

Impulse zum Umgang mit Zielen
Heute beginne ich mal spirituell. Ich habe im Laufe dieses Jahres das wunderbare „Buch der Freude“ vom Dalai Lama und Desmond Tutu zuerst gehört und dann gelesen. Darin heißt es: „Eines der wichtigsten Paradoxe im Buddhismus besteht darin, dass wir Ziele benötigen, um uns zu motivieren, um zu wachsen und uns zu entwickeln, gleichzeitig jedoch nicht zu sehr auf sie fixiert zu sein oder an ihnen anhaften sollen. Wenn ein Ziel edel ist, sollte das Engagement, mit dem wir es verfolgen nicht durch die Wahrscheinlichkeit bestimmt sein, mit der wir es erreichen können.“
Als Qualitätsmanager, Qualitätsbeauftragte oder Führungskräfte lernen wir nicht nur „smarte“ Ziele zu formulieren (spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert), sondern das QM gibt uns auch zahlreiche Vorgaben und Instrumente an die Hand, wie wir das tun sollen. Und genau dieses „wie“ bereitet mir seit geraumer Zeit Unbehagen. Ich habe ein paar Definitionen nachgeschlagen. Im Gabler Wirtschaftslexikon habe ich zum Zielbegriff Folgendes gefunden: „Ein Ziel ist eine Sollgröße, mit der ein Ist-Zustand verglichen wird, der so lange zu bearbeiten ist, bis er dem Sollzustand entspricht.“ Na, motiviert Sie diese Aussage zu Wachstum und Entwicklung? Ich glaube wir sollten unseren Umgang der Bewertung von Zielen (nicht nur im Qualitätsmanagement) überdenken. Einige Beispiele, die mir zeigen, dass es Handlungsbedarf gibt:

  • Eine Qualitätsbeauftragte erzählte mir von Führungskräften, die durchaus Interesse an der Verfolgung bestimmter Ziele hatten, aber sie wollten nicht, dass diese in die Qualitätsziele aufgenommen werden, da die Zielerreichung sehr ungewiss war und sie am Ende dadurch eine schlechte Zielerreichungsquote hätten.
  • Mitarbeiter einer Behindertenwerkstatt mussten sich im Zertifizierungsaudit umfassend rechtfertigen, warum sie einige Ziele im zurückliegenden Jahr nicht erreicht hatten. Die Organisation hatte hervorragend gearbeitet, aber das Jahr war nun mal ganz anders verlaufen als geplant.
  • Eine Organisation der Arbeitsförderung erreicht ihre Vermittlungsquote nicht. Die angestrebten Ziele war für die einzelnen Teilnehmer einfach zu hoch. Dennoch haben viele Teilnehmer die Maßnahme ausgesprochen gestärkt abgeschlossen.

Ziele zu haben ist gut und wichtig. Ziele auszuwerten, zu reflektieren und evaluieren ebenso. All dies brauchen wir um zu Lernen. Nur dann, wenn wir daraus eine einseitige und starre Bewertung ableiten – und dies tun wir meines Erachtens viel zu oft – wird es problematisch: 

Starre Zielvorgaben und Zielplanungen:

  • basieren auf einer Vorstellung von der Vorhersehbarkeit der Zukunft –
    was wohl eher eine Illusion ist.
  • sind häufig mit Versprechen auf Belohnungen verbunden –
    wodurch intrinsische Motivation verhindert wird.
  • sind Bestandteil von Steuerungsmechanismen, die auf Misstrauen basieren –
    was wiederum Motivation verhindert.
  • reduzieren die komplexe Realität auf einfache lineare-Wirkungszusammenhänge –
    wodurch einseitige Schuldzuweisungen gefördert werden.
  • fördern eine Kultur der Rechtfertigung –
    wodurch das Nicht-Erreichte und nicht das Erreichte im Vordergrund steht.
  • engen die Wahrnehmungen ein –
    wodurch die Gefahr besteht, dass Wesentliches aus dem Blickfeld rutscht.

Nils Pfläging hat dem Umgang mit Zielen ein ganzes, sehr lesenswertes Buch gewidmet (Führen mit flexiblen Zielen). Er sagt darin: „Mitarbeiter und Teams in Organisationen des neuen Typs setzen sich selbst anspruchsvolle und kühne Ziele.
Diese Ziele bedürfen keinerlei Verhandlung, denn sie sind selbst gewählt und selbst verantwortet. Was zählt, ist die am Ende realisierte Leistung, nicht der Vergleich mit einem ursprünglich vorgestellten, vielleicht nur erträumten Ziel.“ Oder wie es in dem oben erwähnten Buch vom Dalai Lama und Desmond Tutu heißt: „Wir haben die Aufgabe, das Ziel mit größtmöglicher Hingabe zu verfolgen und unser Bestes zu tun, dürfen aber nicht auf unsere Vorstellung von einem Ergebnis fixiert sein.“ In diesem Sinne: Viel Erfolg bei der Erreichung Ihrer heutigen Ziele!

1 Kommentar
  • Birgitta Ossege
    Antworten

    Ein schöner Beitrag zum Umgang mit Zielen!
    In meiner langjährigen QMB-Tätigkeit begegnet mir immer wieder der Satz von Konfuzius „der Weg ist das Ziel“.
    Und im täglichen Geschäft rutscht dieser Gedanke aber leider auch immer wieder in den Hintergrund.
    Die Konzentration auf messbare Ziele oder wie ich was gerne schon hätte, lässt mich häufig vergessen, in dem Moment nach links und rechts zu schauen, was wir schon erreicht haben bzw. was man schon erreicht hat.
    Wichtig ist doch, nicht nur was wir am Ende der Reise erreicht haben, sondern, was wir während der Reise lernen und erleben durften.
    Also herzlichen Dank für diesen heutigen Denkanstoß!

    19. September 2019 at 13:55

Schreiben Sie einen Kommentar

Protected with IP Blacklist CloudIP Blacklist Cloud