Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug!

Aus Fehlern wird man klug, drum ist einer nicht genug!

So hat es zumindest Wilhelm Busch formuliert. Klingt sehr fehlerfreundlich. Aber sind wir das auch? Freundlich im Umgang mit unseren Fehlern? Und werden wir tatsächlich klüger?
Die ISO 9001 definiert Fehler als Nichtkonformitäten d.h. als Abweichungen von definierten Vorgaben. Können Abweichungen von definierten Vorgaben gut sein? Nun, beginnen wir etwas weiter vorne: Warum entstehen Fehler?

Ich sehe hier vor allem 5 Gründe:
1. Fehler passieren aus Unwissenheit: Ich habe gerade letzte Woche 200 € Lehrgeld bezahlt, weil es mir völlig unbekannt war, dass ich als gewerbliche Käuferin im Online-Handel kein Rückgaberecht habe. Der Begriff „Lehrgeld“ drückt es schon aus, mir hat eine Information gefehlt, ich habe etwas gelernt zu einem ärgerlichen aber immerhin verkraftbaren Preis.
2. Fehler passieren auf Grund falscher Annahmen (Irrtümer): Ich habe einmal ein Seminar auf Grund einiger grober Eckpunkte meines Ansprechpartners für eine Organisation konzipiert. Vor Ort stellt sich heraus, dass sich die Gruppe was ganz anderes gewünscht bzw. vorgestellt hat. Kurzzeitiger Stress auf höchstem Level. Durchatmen und Improvisieren. Der Tag konnte gerettet werden. Aber auch hier habe ich vieles gelernt. Z.B. die Erwartungsabfrage differenzierter zu gestalten und meine Interpretation der Erwartungen mit meinem Gegenüber noch mal sorgfältig abzustimmen.
3. Fehler passieren im Experiment: Dieser Blog zum Beispiel ist ein Experiment. Ein Ereignis mit offenem Ausgang. Wird er eine größere Leserschaft finden? Werden wir über längere Zeit durchhalten und in der Lage sein, immer neue und interessante Gedankenanstöße zu liefern? Wird er als Einladung zur Reflexion der eigenen Denkmodelle verstanden? Entsteht ein reger Austausch unter den Lesern und Bloggern? Bisher nicht 😊. Aber die Einrichtung der Kommentarfunktion ist glaube ich/hoffe ich kein Fehler … .
4. Fehler passieren aus Unachtsamkeit: Hier bin ich Spezialistin. Ich bin eine Frau fürs Grobe. Für die, die mich näher kennen, auch mit einem Hauch von Perfektionismus, aber mit der Korrektur meiner eigenen Texte und mit den eigentlich inzwischen wenigen Komma-Regeln habe ich keinen Vertrag. Auf der Hälfte meiner Flipcharts fehlen i-Punkte und t-Striche. „Gerne“ sende ich Rechnungen mit falschem Datum oder falscher Rechnungsnummer oder lasse Plakate drucken in denen das Wort „Kontrolle“ ohne den Buchstaben „t“ geschrieben ist. Ich entschuldige mich hiermit öffentlich, bei allen, die darunter schon zu leiden hatten. Ich sollte diese Dinge ernster nehmen, ich gelobe Besserung. Immer wieder, aber es wäre wohl besser, mich dazu durchzuringen, jemanden für Verwaltungstätigkeiten einzustellen. Aber das ist dann wieder eine andere Baustelle … .
5. Fehler passieren bei der Missachtung von Regeln: Der Online-Händler, der meine oben beschriebene Retoure nicht angenommen hat, hat keinen Fehler gemacht. Hätte er sich aber ein wenig freundlicher und kulanter gezeigt, würde ich möglicherweise „nicht überall“ über dieses Ärgernis berichten, sondern fleißig Werbung für ihn machen.
Ich bin überzeugt, dass Regeln im Arbeitsalltag häufig aus gutem Grund missachtet werden. Ich glaube sogar, dass wir manchmal gezielt Regeln missachten müssen, um kundenorientiert und wirksam zu arbeiten. Natürlich gilt das nicht für alle Regeln. Eine Pflegekraft kann nicht einfach die doppelte Dosis an Medikamenten verabreichen, und ein Berater kann nicht mal eben sensible Daten von Klienten an Kooperationspartner weitergeben. In meiner orthopädischen Reha, die ich nach Einsatz eines neuen Hüftgelenkes 2015 durchlaufen habe, hätte ich mich aber z.B. wahnsinnig gefreut, wenn ich mit Anfang 40 nicht das gleiche Standardprogramm wie die 80-jährigen hätte durchlaufen müssen. Aus meiner Sicht war die Regeltreue und das absolut ausgeprägte Sicherheitsdenken der Klinik ein Fehler. Je komplexer und dynamischer Prozesse sind, desto mehr bedarf es auch eines individuellen Vorgehens.

Werden Regeln missachtet, gilt es als erstes zu erkunden, ob nicht möglicherweise eine positive Intention hinter dem Fehlverhalten liegt. Warum war das Verhalten eines Mitarbeiters, dass sich hinterher als Fehlverhalten herausgestellt hat, in dem konkreten Moment für ihn sinnvoll? Welche äußeren Gegebenheiten und Erfordernisse haben dazu beigetragen, dass das Fehlverhalten sinnvoll erschien? Was können alle Beteiligten daraus lernen? Welche Informationen haben gefehlt? Wenn wir die Schuldfragen vernachlässigen (außer bei Haftungsfragen und grobem und wiederholtem Fehlverhalten), kann ein lernender Umgang mit Fehlern gelingen. Und Lernprozesse sind das Herzstück jeder Weiterentwicklung. Also, ich kann Wilhelm Busch eine Menge abgewinnen. Und wer es mit dem Reimen nicht so hat, kann sich an Theodor Fontane orientieren: Wer aufhört Fehler zu machen, lernt nichts mehr dazu.

4 Kommentare
  • Dr. Ingo Kreyer
    Antworten

    Hi Elisabeth,
    toller Blogbeitrag, Danke! Ich finde das Thema extrem wichtig. Ich glaube auch, dass es vielen Organisationen an einer Kultur mangelt, sich Fehler einzugestehen und für Fehler einzustehen, ohne negative Konsequenzen zu befürchten. Und seien es „nur“ Bemerkungen, Schadenfreude etc. Wenn man davon ausgeht, dass niemand gerne Fehler macht und sich redlich bemüht, dass Fehler aber nicht vermeidbar bzw. sogar wichtig für das Lernen sind, kann man Fehlern akzeptieren und konstruktiv mit ihnen umgehen. Das ist ein echter „Booster“ für den Unternehmens- oder Teamerfolg! 😉
    Liebe Grüße
    Ingo

    17. November 2019 at 16:56
  • Sybille Spicka
    Antworten

    Es wichtig, sich dass immer wieder bewusst zu machen! Danke 😊

    17. November 2019 at 9:20
  • Andrea Bastian
    Antworten

    Super 👍🏻

    15. November 2019 at 17:26

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