Jetzt wird abgerechnet! Welche Art von Managementbewertung macht Sinn?

Jetzt wird abgerechnet! Welche Art von Managementbewertung macht Sinn?

Der Begriff „Managementbewertung, so wie ihn die ISO 9001 verwendet, führt schon mal in die Irre. Es handelt sich also nicht um eine Bewertung der Führungskräfte, sondern um die Bewertung des QM-Systems. Die Frage: Hilft uns das, was wir in der Organisation zur Erreichung unserer vereinbarten/versprochenen Leistungsqualität tun dabei, diese auch tatsächliche zu erbringen? ist total wichtig! Und ich möchte einladen, diese auch genauso (radikal) zu stellen. Ich habe in den letzten 25 Jahren unterschiedlichste Formen von Managementbewertung erlebt.

In der Regel waren Sie defizitorientiert (hier sind wir noch nicht gut genug, da haben wir Schwachstellen), formalisiert (Zahlen, Daten und Fakten), auf die Perspektive der Führung begrenzt und nicht selten auch eine Schauveranstaltung. Warum eine Schau? Weil zwar Unzufriedenheit mit dem QM-System wahrgenommen wird, aber keine wirkliche Veränderung stattfindet. Sei es, weil QM-Verantwortliche Sorge haben, die Anforderungen der ISO oder der externen Auditor*innen zu missachten, oder sich schlicht nicht trauen, unkonventionellere Wege zu gehen, oder Ideen fehlen oder alles zusammen.

Ich möchte mit diesen Blogbeiträgen niemand einen Vorwurf machen, ich bin lange genug selbst auf der Welle der QM-Gläubigkeit mitgeschwommen. Aber es ist doch schon merkwürdig, dass das QM-Image nach wie vor eher bescheiden ist, obwohl es in den Organisationen regelmäßig bewertet und weiterentwickelt wird. Nein, aus meiner Sicht liegt das nicht an den Themen der ISO, denen man sich manchmal anscheinend ausgeliefert fühlt. Die Themen sind größtenteils sehr sinnvoll und da die ISO so einen großen wunderbaren Interpretationsspielraum bietet, kann die ISO eigentlich immer auch passgenau für das jeweilige Arbeitsfeld zugeschnitten werden. Wie schon mehrmals betont liegt es an der Denke/den Denkmodellen, mit der die ISO ohne Zweifel entstanden und mit der sie aber auch heute immer noch interpretiert, umgesetzt und auditiert wird. Und damit sind wir wieder beim Handlungsspielraum, den jede Organisation hat und vor allem nutzen sollte.

Wenn eine Managementbewertung Sinn macht, dann nur, wenn auch wirklich alles auf den Prüfstand kommt und dabei alle Perspektiven Berücksichtigung finden. Die Mindestanforderung der Norm ist, dass die oberste Leitung dabei beteiligt ist. Viele Organisationen setzen die Bewertung im Leitungs-Führungskreis um.

Warum aber nicht ein Gremium bilden, dass einen Querschnitt der Organisation abbildet. D.h. unter der Leitung der obersten Führung (ggf. mit Unterstützung durch QM-Beauftragte) werden Menschen aus allen Ebenen und Arbeitsbereichen der Organisation zur Teilnahme an der Managementbewertung eingeladen, wobei im Sinne eines guten Diskussionsprozesses eine Gruppengröße von 16 Personen nicht überschritten werden sollte. Mitarbeitende erhalten so echte Mitwirkungsmöglichkeiten. Sie sehen, dass nicht nur ihre Arbeit überprüft und bewertet wird, sondern auch das System selbst. Und sie können direkten Einfluss nehmen. Je weniger Mitarbeitende sich durch QM fremdbestimmt fühlen, desto akzeptierter ist das System.

Warum nicht mal im Rahmen der Managementbewertung inhaltliche Grundsätze des QM und deren Bedeutung für die Organisation reflektieren? Wenn ich in Seminaren den Satz „Anordnung verhindert Engagement“ diskutiere, stimmen meistens viele Teilnehmende diesem zu. Aber wenn Anordnung in den meisten Fällen Engagement verhindert, dann wäre es doch wichtig, diese sehr sehr sparsam und begründet einzusetzen, oder? Andererseits diskutiere ich mit Mitarbeitenden und Führungskräften immer wieder interne (QM-)Anordnungen, deren Sinn und Nutzen sie nicht verstehen. Eigentlich gibt es zwei Plätze in der Organisation, wo diese Diskussionen hingehören: Ins interne Audit (s. auch Blogbeitrag vom 24.10.19) und in die Managementbewertung.
Potentialorientiert bewerten und „abrechnen“ bedeutet, Bestehendes wertzuschätzen (es gab sicher gute und vertretbare Gründe dafür), aber keine Scheu davor zu haben, die Richtung zu verändern, wenn man merkt, dass der eingeschlagene Weg nicht der günstigste war.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen persönlich und organisational eine gute (QM-)Jahresabschlussbilanz mit viel Freude auf die neuen Themen, die 2020 bietet, und die Potentiale, die in diesem neuen Jahr zu entdecken sind.
Meinungen, Anregungen und auch Themenwünsche zum Blog sind weiterhin herzlich Willkommen.

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