Die Bedeutung des Selbstwertes für die Qualitätsentwicklung

Die Bedeutung des Selbstwertes für die Qualitätsentwicklung

Auf der Suche nach den zentralen Dreh- und Angelpunkten für eine gute Qualitätsentwicklung bin ich auf das Selbstwertgefühl gestoßen. Die Psychologie versteht unter dem Selbstwert, den Wert, den man sich selbst zuschreibt.

Vielleicht denken Sie jetzt, das ist doch etwas sehr Individuelles, was hat das jetzt mit der Qualitätsentwicklung in Organisationen zu tun? Keine Sorge, dieser Blog entwickelt sich nicht zu einem Psycho-Ratgeber. Natürlich ist der Selbstwert zunächst mal etwas sehr Individuelles und wenn Sie etwas für Ihren Selbstwert tun wollen … das Internet ist voll mit möglichen und unmöglichen Ratschlägen. Ich möchte in diesem Blog auf drei Dinge hinweisen:

1. Der Selbstwert ist für die Leistungsqualität und deren Weiterentwicklung von entscheidender Bedeutung.
2. Der Selbstwert ist keine statische Größe, er unterliegt unterschiedlichsten Einflussfaktoren.
3. Auch wenn es sich um eine individuelle Bewertung des eigenen Selbst handelt, so hat eine Organisation/ein Team/das Umfeld auf diese Bewertung durchaus Einfluss. Und da, wie ich noch darlegen möchte, der Selbstwert für die Qualität der Arbeit besonders sehr wichtig ist, wäre es doch gut, diesen Einfluss auch positiv zu nutzen.

Aber beginnen wir mit Punkt eins:

  • Wer ein hohes Selbstwertgefühl besitzt vertraut auf seine Wahrnehmung und glaubt an den Erfolg seiner Aktivitäten. Ein solcher Mensch kann zu seinen Fehlern und Schwächen stehen und ist nicht abhängig von der Anerkennung anderer.
  • Ein niedriges Selbstwertgefühl mündet häufig in destruktiven Interaktionsmustern wie z.B. permanenten Rechtfertigungen oder Anklagen. Das von Virginia Satir (eine Vorreiterin in der Entwicklung der Familientherapie) entwickelte Kommunikationsmodell nennt vier sich negativ auswirkende Kommunikationsarten: Anklagen, Beschwichtigen, Rationalisieren und Ablenken. Ist der Selbstwert hoch, können diese sich zu einer positiven Qualität wandeln: Energie (vorher Anklagen), Empathie (> Beschwichtigen), Vernunft (> Rationalisieren) und Flexibilität (> Ablenken).
  • Ist unser „Selbstwerttopf“ gut gefüllt sind wir tatkräftig, gut im Kontakt mit Kund*innen und Kolleg*innen und haben Freude am Lernen. Ist unser Selbstwerttopf relativ leer, gilt nicht nur das Gegenteil, sondern auch folgendes Zitat von Eugen Roth: „Ein Mensch, das trifft man gar nicht selten, der selbst nichts gilt, lässt auch nichts gelten.“

Die Hypothese von Virginia Satir war (sie ist bereits 1988 verstorben), dass viele Menschen ihren eigenen Wert zu wenig würdigen – sie könnte durchaus auch heute noch recht haben.

Zum zweiten Punkt:
Der Füllstand unseres Selbstwerttopfes ist immer in Bewegung. Es gibt Erfahrungen die dazu führen, dass dieser abtröpfelt oder regelrecht abfließt (z.B. von mehreren kleinen Misserfolgen bis hin zur unerwarteten Kündigung). Laut Virginia Satir gibt es aber auch 4 Quellen mit denen wir diesen Topf wieder auffüllen können: Dazu gehören positive körperliche, mentale, emotionale und spirituell/sinngebende Erfahrungen. Dies liegt natürlich zunächst einmal in der Selbstverantwortung jedes Einzelnen. Grundsätzlich kann niemand uns das Gefühl geben, minderwertig zu sein, wenn wir dies nicht selbst zulassen. Trotzdem ist das Selbstwertgefühl, wie an dem obigen Beispiel aufgezeigt, nicht losgelöst von äußeren Erfahrungen.

Damit kommen wir zum dritten Punkt:
Eine entscheidende Frage wäre also: Wie kann ein System zur Qualitätsgestaltung dazu beitragen, dass alle Beteiligten auf einen gut gefüllten Selbstwerttopf schauen? Oder vielleicht im ersten Schritt: Wie wird verhindert, dass QM-Initiativen dazu beitragen, dass Selbstwert abtröpfelt oder gar abfließt? „Kann das überhaupt sein?“ werden Sie vielleicht fragen. Ja, davon bin ich nicht nur überzeugt, sondern leider werden mir immer wieder entsprechende Erfahrungen geschildert: Es geht vor allem um erlebte Bedeutungslosigkeit und mangelnde Wertschätzung, die nicht selten der Preis für sicherlich gut gemeinte, aber vielleicht doch übermäßig umgesetzte Zentralisierungen sind.

Enden möchte ich mit einem Zitat von Virginia Satir: „Ich glaube daran, dass das größte Geschenk, dass ich von jemandem empfangen kann ist, gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden. Das größte Geschenk, dass ich geben kann, ist andere zu sehen, zu hören, zu verstehen und zu berühren.“

Wenn Sie eine/ein treuer Leser*in dieser Blogartikel sind kommen Ihnen vielleicht die Flügelflächen unseres Schmetterlings in den Sinn: Vertrauen, Wertschätzung, Beteiligung und Kompetenz(erleben). Hervorragende Prinzipien für Qualitätsentwicklung, aber auch Quellen für selbstwertstärkende Erfahrungen.

1 Kommentar
  • Andrea Bastian
    Antworten

    Herzlichen Dank für die wöchentlichen Impulse – ich freue mich immer wieder darauf … und gerade dieser Blog kommt zur rechten Zeit – ich gebe am Wochenende einen Workshop zur Selbstentfaltung und neben Selbstwert geht es mir auch um Selbstwirksamkeit in diesen Tagen! Ich habe nochmals einige Impulse bekommen 👍🏻

    5. März 2020 at 8:35

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