Die besten Auditfragen haben mehr als eine Antwort

Die besten Auditfragen haben mehr als eine Antwort

Leitgedanke 4:

Gute Auditfragen bewirken Veränderungen im Denken und lassen neue Perspektiven entstehen
Was macht nun also gute Auditfragen aus? Bevor wir uns mit inhaltlichen Fragen beschäftigen, möchte ich zwei Dinge vorweg stellen:
1. Ob eine Frage „gut“ oder „fragwürdig“ ist, entscheidet ganz wesentlich der Kontext. Im letzten Blogbeitrag hat ein Auditor in einem Zwiegespräch die Frage stellt: „Welche Aspekte sind ihnen im Leitbild besonders wichtig?“
Die Frage an sich ist doch gut, oder? Aber Sie merken sofort, dass die Frage völlig anders wirkt, je nach dem in welchem Kontext sie gestellt wird. In der Mittagpause unter Kollegen, im Freundeskreis oder eben im Audit.
Um offenen Fragen ihren offenen Charakter zu belassen, braucht es ein offenes Setting. Ansonsten drängen wir die Befragten immer in eine bestimmte Richtung und erhalten vor allem erwünschte Antworten und beginnen mit der Aufführung eines Theaterstücks.
2. Jedes Audit hat zwei Zielsetzungen, die meines Erachtens mit unterschiedlichen Fragen bearbeitet werden sollten.
Eines der beiden Ziele ist die Überprüfung und Reflexion von Konformität. Halten wir uns an die relevanten Vorgaben und beachten wir unsere intern vereinbarten Regelungen? Wenn nicht, welche Auswirkungen hat das und welche (ggf. vermeintlich positiven) Beweggründe sprechen für einen „nützlichen Regelbruch“?. s. a.
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Solche Fragen funktionieren nur in einem wirklich offenen Kontext, in dem Niemand etwas zu befürchten hat (grobes und mutwilliges Fehlverhalten sei hier ausgenommen) und in dem Audit nicht als Prüfung, sondern als Dialog gelebt wird. Im Dialog nach Bohm (David Bohm: Der Dialog, 2019) kommen Menschen zusammen, um gemeinsam zu denken, miteinander zu erkunden und zusammen nach Lösungen von Problemen zu suchen. Niemand ist im Besitz der „objektiven Wahrheit“, alle vertreten nur ihre Interessen, und sie tun dies aus ihrer Sicht der Dinge, aus ihrem Verständnis der Welt heraus. Wenn wir in Organisationen etwas positiv verändern wollen, müssen wir uns mit diesen Interessen und Sichtweisen auseinandersetzen und sie gewissermaßen in Begegnung bringen und das geht am besten mit guten Fragen.

Damit sind wir bereits mitten in der zweiten Zielsetzung im Audit: Es geht darum, Entwicklungen anzustoßen, und das passiert weniger durch externe Ratschläge, sondern vor allem durch selbstgewonnene Erkenntnisse und dadurch freigesetzte intrinsische Motivation. Mein Bild von Menschen in Arbeit ist zu idealistisch? Mag sein, in dem übernächsten Blogartikel widme ich mich diesem Thema ausführlicher. In jedem Fall möchte ich Ihnen drei systemische Fragen für ein Auditgespräch ans Herz legen:

  • Skalierungsfragen: Auf einer Skala von 1 – 10 wie zufrieden sind Sie persönlich mit dem Informationsfluss in Ihrer Organisation? Was müsste passieren, um von x nach y zu kommen?
    Was wäre dann anders lebbar? Was würden Sie dann (nicht mehr) tun?
  • Fragen zum Perspektivwechsel: Was glauben Sie, wie würden Ihre Kollegen im Bereich A den Informationsfluss beurteilen? Welchen Eindruck haben Kunden oder Kooperationspartner dazu wohl gewonnen?
  • Stärkenorientierte Fragen: Gab es schon mal Zeiten, in denen der Informationsfluss besser war? Gibt es Informationen, die besser „durchrutschen“ als andere? Gibt es Arbeitsbereiche, in denen der Infofluss reibungsloser verläuft? Was zeichnet diese positiven Beispiele aus und was können Sie daraus für die Zukunft für Ihren Arbeitsbereich lernen?
    Meisten kommen Sie erst mit mehreren aufeinander abgestimmten Frage-Kombinationen weiter. Die passenden wirksamen Fragen entspringen selten einem vorgefertigten Fragenkatalog, sie haben ihren Ursprung in einer potentialorientierten Haltung und Denkweise und sie basieren auf einer Auditgestaltung auf Augenhöhe. Wie das gelingen kann, möchte ich im nächsten Blogbeitrag skizzieren. Abschließend noch mal zusammenfassend ein paar Charakteristika guter Fragen: Gute Fragen sind überraschend und berühren nicht nur den Kopf, sondern auch das Herz und gute Frage lassen Verbindungen entstehen zwischen Menschen und ihren jeweiligen Perspektiven. Auf gute Fragen gibt es häufig nicht nur eine Antwort und gute Fragen beschäftigen die Gesprächspartner u.U. noch lange über das Gespräch hinaus. Manch einer spricht gar von einer „Kunst des Fragens“, soweit würde ich nicht gehen. Aber ein Handwerk, dass man erlernen kann, ist es schon. Neugierde, echtes Interesse und eine ergebnisoffene und potentialorientierte Haltung sind die wichtigsten Zutaten. Probieren Sie es aus!

1 Kommentar
  • Sibille
    Antworten

    Hallo und danke für den Artikel. Ich habe in meinem bisherigen Arbeitsbereich regelm. Gespräche führen dürfen (Fachbereich) und bin immer offen für eine konstruktive Gesprächsführung gewesen. Das aufeinander einlassen.

    VG
    Sibille

    24. Mai 2021 at 10:41

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