Auditgespräche auf Augenhöhe?!

Auditgespräche auf Augenhöhe?!

Leitgedanke 5:

Auditgespräche auf Augenhöhe zu gestalten bedeutet eine konsequente Gleichstellung von Auditoren und Auditteilnehmern und zwar in allen Phasen des Auditgespräches.

Das Augenhöhe im Audit wichtig ist, können Sie in verschiedenen Ratgebern zum Thema lesen (s. z.B. im Blog der DGQ vom 19.07.21 ). Auditoren sollen nicht als Besserwissende oder Belehrende daherkommen, sondern auf der Ebene des Erwachsenen-Ichs miteinander kommunizieren. Nun ist das ja an sich schon gar nicht so einfach und mir kommen nicht wenige Beispiele aus der Praxis in den Sinn, wo Auditoren immer wieder mit gut gemeinter Absicht durch entsprechende Formulierungen in diese Falle tappen oder Auditteilnehmer sich devot allem fügen, was von Auditoren als Verbessserungsvorschlag „verordnet“ wird. Zum einen denke ich, dass in dem Begriff „Augenhöhe“ mehr drin steckt als eine vermeintlich ebenbürtige Kommunikation und zum anderen möchte ich jeden, der auditiert – mich einschließlich – dazu anregen, zu reflektieren, ob die angestrebte Augenhöhe auch wirklich konsequent gelebt wird.
Im engeren Sinne ist Augenhöhe die vertikale Positionierung der Augen, durch welche die Körpergröße anderer Personen mit der eigenen verglichen wird. Übertragen auf die zwischenmenschliche Interaktion steht dies für mich gleichbedeutend mit gegenseitiger Gleichwertigkeit. Unterschiedliche Augenhöhen entstehen im Außen aus einem hierarchischen Gefüge heraus: Ein Prüfer steht immer über dem Prüfling. Im Inneren generieren sie sich aus Emotionen, Erfahrungen oder Gedanken, die in eine eigene Auf- oder Abwertung des Selbstwertes münden. Bewegt sich ein Auditteilnehmer im Kontext von Angst und Unsicherheit, kann der Auditor noch so sehr „abmühen“, der Auditierte wird ihn immer auf- und sich selbst abwerten. Also vorweg, ob ein Audit tatsächlich auf Augenhöhe stattfindet liegt nicht allein in der Hand des Auditors. Wer sich dessen aber bewusst ist, der sieht seine individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und lässt die Kommunikation nicht so schnell in ein ungutes Machtgefälle abrutschen.

Auf Augenhöhe auditieren – was Auditoren tun können:

  • Augenhöhe entsteht aus einer inneren Haltung: Meine Perspektive auf das Organisationsgeschehen bildet genauso einen Ausschnitt ab wie das, was die Teilnehmenden sehen und wahrnehmen. Aus dem Teilen von Perspektiven können neue Erkenntnisse und Lösungswege entstehen.
  • Augenhöhe im Audit kann nur entstehen, wenn diese als partnerschaftliche Reflexionsdialoge aufgefasst werden.
    In bestimmten Kontexten (z.B. Hygieneprüfung, Wirtschaftsprüfung) sollte man ehrlicherweise von einer Prüfung sprechen und den unangenehmen Beigeschmack nicht durch eine „vermeintliche Augenhöhe netter verpacken“.
  • Augenhöhe entsteht, wenn die damit verbundenen Tätigkeiten gemeinsam erfolgen: Gemeinsam planen, gemeinsam reflektieren, hinterfragen und Stichproben ziehen und gemeinsam bewerten. Nicht der Auditor bestimmt oder entscheidet und schon gar nicht allein. Er hat immer wieder die Möglichkeiten, den Teilnehmenden die Auditgrundlage zu skizzieren und Sie zu einer Selbsteinschätzung einzuladen. Ein solches Audit kann einen wesentlichen Beitrag zu einer sinnstiftenden Ausgestaltung von QM-Systemen leisten und Teilnehmer zur Selbststeuerung und zur Verantwortungsübernahme anregen. Ja, sowas gelingt nicht von heute auf morgen und kommt vielleicht sogar einem Kulturwandel gleich. Aber für mich ist es ein sehr vielversprechendes Zielbild.

Auf Augenhöhe auditieren – Reflexionsfragen für Auditoren und Auditteilnehmer:

  • Kommuniziere ich gerade auf Augenhöhe? Wenn nicht, was behindert mich?
  • Gestalte ich das Gespräch aktiv oder läuft ggf. getriggert durch die Gesprächssituation ein bestimmtes Verhalten oder einzelne Wörter ein inneres „Automatik-Programm“ ab?
  • Bin ich in meiner Rolle ehrlich und authentisch und teile das, was mir im Zusammenhang mit dem Auditauftrag wichtig ist mit?
  • Ist meine Wahrnehmung offen für das, was bei den anderen Gesprächsteilnehmern passiert bzw. für das was für diese gerade bedeutungsvoll ist?

Auf Augenhöhe auditieren – was nutzt es mir und der Organisation?
Ohne intrinsische Motivation ist echte Veränderung nicht möglich. Die Grundlage dafür entsteht durch neue selbstgewonnene (nicht verordnete) Erkenntnisse. Ein Audit auf Augenhöhe kann mehr als nur formelle Strukturen optimieren, es unterstützt insbesondere komplexe Systeme in ihrem Wachstum.

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