Die Quelle für Auditfragen – das Bild von Menschen in Arbeit

Die Quelle für Auditfragen – das Bild von Menschen in Arbeit

Klar kommen die Auditfragen aus der (Normen-)Vorgabe bzw. dem zu Grunde liegenden Regelwerk. Zumindest die Fragen, die auf eine sachliche Konformitätsprüfung abzielen: Wie gehen sie vor? Wer ist verantwortlich? … Aber alle Fragen drumherum, insbesondere entwicklungsorientierte Fragen entstammen unserem gedanklichen Betriebssystem, unseren Überzeugungen wie Zusammenarbeit funktioniert und unseren Glaubensätzen zu Aspekten von Kontrolle und Vertrauen etc. – und vieles dazu speist sich wiederum aus unserem Bild von Menschen in Arbeit.

Es gibt die häufig zitierte Einteilung von Menschenbildern von Douglas Mc Gregor aus den 60iger Jahren. Er hat sie geschaffen, um unterschiedliche Führungsstile zu erklären und nannte sie „Typ X“ und „Typ Y“. Typ X zeichnet den arbeitsscheuen und wenig kreativen Mitarbeiter, der durch Weisung und Kontrolle zur Leistung angetrieben werden muss. Typ Y ist geprägt durch das Zutrauen in die Fähigkeiten und das Potential des Menschen: Menschen, die Motivation in sich tragen, nach Entfaltung streben und bereit sind Verantwortung zu übernehmen, wenn die Bedingungen dafür stimmen.

Wichtig bei der Genese dieser Unterteilung ist, dass er die Theorie X und Y erschaffen hat, um Führungsverhalten zu verstehen. Nicht andersherum. Also nicht, weil es so viele X-Typen gibt, hat sich der autoritäre Führungsstil entwickelt. Die Vorstellung der Theorie X ist zwar ein weitverbreitetes, aber dennoch falsches Bild von der Natur des Menschen. Nichts als ein Vorurteil, das sich aber in den Köpfen und Theorien vieler Managementlehren verfestigt hat. Es gibt keine Wissenschaft, die belegt, dass es den Typ X je gegeben hätte. Natürlich haben wir alle unsere „faulen Momente“, aber beim Menschenbild geht es um die grundsätzliche Natur des Menschen. Wenn wir davon ausgehen, dass Menschen ausschließlich nach der Theorie Y funktionieren, aber situativ ein anderes Verhalten zeigen, dann geht es doch darum zu erkunden, woran das liegt. Stimmt die Passung zwischen Kompetenzen und persönlichen Zielen auf der einen Seite und den aktuellen beruflichen Aufgaben auf der anderen Seite? Unterstützen die organisationsinternen Rahmenbedingungen und die Führungskultur intrinsische Motivation und eigenverantwortliches Verhalten? … Reinhard K. Sprenger sagt: „Das Menschenbild ist keine Sache der Erfahrung, es ist eine Entscheidung, die es täglich neu zu treffen gilt.“ Und bei Nils Pfläging heißt es: „Nur, wer 100 % der anderen Y zutraut, kann Organisationen schaffen, die menschliches Potential heben.“

Und jetzt kommt auch wieder das Audit ins Spiel. Zum einen wird durch die Art und Weise, wie Audits in Organisationen ausgestaltet werden, „lautstark“ das dahinter liegenden Menschenbild kommuniziert. Zum anderen sprudeln aus dem gedanklichen Mindset des Auditors all die Fragen, die für ein offenes und entwicklungsförderndes Auditgespräch so wichtig sind. Auditoren, die an der Theorie X hängen, werden viel stärker kontrollieren und Nachweise sichten – das Misstrauen ist allgegenwärtig. Auditoren, die von der Theorie Y überzeugt sind, interessieren sich für die Rahmenbedingungen, fragen die Beteiligten nach ihrer Zufriedenheit und ihren Ideen und geben die Verantwortung für die Problemlösung in die Hände der Beteiligten. In den acht anderen Leitgedanken habe ich schon vieles dazu gesagt. Ich bin davon überzeugt, dass nur ein Audit im Geist der Theorie Y wirklich nachhaltig erfolgreich ist. Will eine Organisation eigenverantwortliche und engagierte Mitarbeiter, dürfen Strukturen, Prozesse, Regeln und Instrumente einschließlich des Audits nicht auf Entmündigung/Fremdbestimmung ausgerichtet sein. Ein Audit dient dann nicht der Überprüfung gehorsamer Regelbefolgung. Ein Audit wird dann zu einem Dialograum für die aktuellen Herausforderungen des Arbeitsalltages und die Wirksamkeit umgesetzter Bewältigungsstrategien. Auditierte werden nicht gegängelt, sondern gehört und mit ihren Gestaltungsmöglichkeiten konfrontiert. Ein solches Auditverständnis hat viele positive Auswirkungen auf die Kultur der Organisation. Und ein solches Audit macht Spaß. Mitarbeiter nehmen gerne daran teil und gehen gestärkt und motiviert daraus hervor. „Eine Organisation, die versucht sich durch Kontrollmechanismen und Prozesse unverwundbar zu machen, wird sich langfristig mit dem Misstrauen und der Vertrauensunwürdigkeit der Mitarbeiter auseinandersetzen müssen. Umgekehrt ist besser.“ Stephan Kaduk, Dirk Osmetz. Nur weil ein Prozentsatz der Mitarbeiter das so eingesetzte Vertrauen ggf. missbraucht, sollte für die anderen 99 % nicht mit immensem Aufwand ein System des Misstrauens etabliert werden, dass erhebliche Folgeschäden nach sich zieht. Daher enthält der letzte der neun Leitgedanken eine ganz zentrale Botschaft:

Leitgedanke 9: Dem Audit liegt ein unbeirrt positives Menschenbild zu Grunde.

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